Seit den 1980er Jahren wächst die Beliebtheit von Privatschulen. Sie stellen Alternativen zu stattlichen Schulen dar und werben mit einem breiten Spektrum an Angeboten, sei es konfessionelle Werte, reformpädagogische Ansätze oder hochwertige individualisierte Ausbildung für die zukünftige Elite des Landes. Bei all der Vielfalt und den ansprechenden Ansätzen stellt sich die Frage: Sind Privatschulen nun Fluch oder Segen für die Vielfalt des Schulsystems?
Die Vorteile von Privatschulen liegen auf der Hand. Sie bieten passende Bildungsangebote für spezifische Zielgruppen. Oftmals sind Privatschulen kleiner und familiärer als staatliche Schulen, was eine individualisierte Begleitung und Förderung der Schüler*innen ermöglicht. Zudem können sich Privatschulen in der Gestaltung der Unterrichtsinhalte mehr Freiheiten nehmen und müssen das staatliche Curriculum weniger strikt einhalten.
Allerdings gibt es auch signifikante Unterschiede, sodass es grundlegend falsch ist, von „DEN Privatschulen“ zu sprechen. Die Vielfalt ist enorm: Konfessionelle Schulen zeichnen sich durch ihre Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft aus, während Waldorfschulen auf den Grundsätzen Rudolf Steiners basieren und Montessorischulen das Konzept von Maria Montessori umsetzen. Internationale Schulen hingegen unterrichten nach internationalen Curricula, während Eliteschulen für Durchschnittsverdiener oft unerschwinglich sind. Diese Vielfalt erstreckt sich über Werte, Kosten, Weltanschauungen, Pädagogik und Didaktik. Einige Privatschulen sind vollkommen kostenfrei, während andere Schulen über die Jahre hinweg mehrere Hunderttausend Euro kosten können. Es gibt auch Schulen, bei denen die Kosten einkommensabhängig berechnet werden.
Eines haben Privatschulen gemeinsam: Sie weisen oft einen sehr großen Anteil an weißen, deutschen und privilegierten Schüler*innen auf. Dies wirft die Frage nach sozialer Diversität und Chancengleichheit auf. Denn während Privatschulen eine Vielzahl an Bildungsmöglichkeiten bieten können, besteht auch die Gefahr, dass sie die Chancenungleichheit in Deutschland vergrößern, indem sie bestimmte sozioökonomische und ethnische Gruppen bevorzugen oder ausschließen. Dies muss noch nicht einmal bewusst der Fall sein, sondern kann sich allein aus den Kosten oder dem nötigen Wissen über Privatschulen ergeben.
Ich persönlich bin sehr zwiegespalten, was das Thema Privatschulen angeht. Ich war selbst auf einem katholischen Gymnasium, welches zu meiner Einschulung dort sogar noch ein reines Mädchengymnasium war. Ich bin dort sehr gerne zur Schule gegangen. In dem musikalischen Schwerpunkt der Schule bin ich in verschiedenen Orchestern aufgeblüht und habe immer ein sehr enges Gemeinschaftsgefühl verspürt, obwohl die Schule mit über eintausend Schüler*innen eine recht große Schule ist.
In den letzten Jahren habe ich mich viel mit innovativen Schulen befasst und momentan bin ich an einem Punkt, wo ich sagen würde, dass nicht die privaten Schulen als Selbstzweck haben innovativ zu sein, sondern die Lehrkräfte Schulen zu innovativen Orten machen und diese sich dann einfach häufiger an privaten Schulen tummeln. Ich kenne sowohl private als auch staatliche Schulen, die innovativ arbeiten und Bildung anders und besser machen wollen. Das ist immer auch abhängig von den dort arbeitenden Menschen.
Ich wünsche mir, dass die gesamte Gesellschaft und auch die verantwortlichen Politiker*innen endlich anerkennen, wie essenziell wichtig gute Bildung für uns als demokratische und aufgeklärte Gesellschaft ist. Ich wünsche mir, dass Bildung mehr Wertschätzung erfährt und hochwertige, kostenlose Bildung nicht als etwas selbstverständliches gesehen wird. Denn gute Bildung ist so ein wertvolles Gut, das es sich zu schützen lohnt.
Was meinst du, sind Privatschulen ein Fluch oder ein Segen für unsere Bildungslandschaft?