Aktuell absolviere ich ein Praktikum an einer Förderschule. Die Lehrkräfte sind offen und unterstützend. Ich habe viele Freiheiten und die Möglichkeit, in verschiedenen Klassen zu hospitieren. Von außen betrachtet ist es ein wunderbares Praktikum. Doch wie so oft, wenn ich an einer Schule bin, spüre ich die innere Zerrissenheit, die mich dem Lehrer*innenberuf gegenüber einnimmt.
Das berühmte Zitat aus Goethes „Faust“ – „Zwei Herzen schlagen, ach, in meiner Brust.“ – beschreibt meine Gefühlslage ziemlich treffend. Einerseits sehe ich die Potentiale und die Erfüllung, die dieser Beruf bieten kann. Ich beobachte, wie Lehrkräfte einen nachhaltigen positiven Einfluss auf die Entwicklung ihrer Schüler*innen haben können. Ich sehe Kinder und Jugendliche, die ihren Lehrkräften vertrauen und stolz ihre Fortschritte präsentieren.
Andererseits sehe ich aber auch die zahlreichen Herausforderungen, denen Lehrkräfte gegenüberstehen. Zu viel Bürokratie und der Widerstand gegen Veränderungen bremsen oft den pädagogischen Fortschritt. Marode Schulgebäude und überlastete Lehrkräfte zeugen von einem System, das nicht nur im physischen Sinn an vielen Stellen brüchig ist. Es scheint fast so, als würden Lehrkräfte in diesem System nur zwischen zwei Extremen wählen können: sich resigniert zurücklehnen und das Nötigste tun oder sich bis zur Erschöpfung engagieren und irgendwann unter der Last zusammenbrechen.
Besonders belastend empfinde ich die Situation der scheinbar willkürlichen Abordnungen. Die Vorstellung, für mehrere Jahre an eine weit entfernte Schule versetzt zu werden, wirkt auf mich abschreckend. Die damit verbundene Unsicherheit und der Verlust des gewohnten Arbeitsumfelds machen den Beruf für viele unattraktiv und tragen zur ständigen Angst vor der Willkür des Systems bei.
Was mich jedoch am meisten beschäftigt, ist die Untätigkeit der politischen Entscheidungsträger*innen. Anstatt die Probleme anzuerkennen und Lösungen zu finden, schieben sie die hohe Zahl an Kündigungen von Lehrkräften auf den so gerne postulierten „Arbeitsunwillen der jungen Menschen“ und geben sich selbst als großartigen Arbeitgeber. So eine Behauptung aufzustellen ist in meinen Ohren nichts als Hohn den Lehrkräften gegenüber, die jahrelang engagiert im Schulsystem gearbeitet haben, dabei aber auf so viel Gegenwind, Bürokratie und Sturheit gestoßen sind, dass sie keinen anderen Weg als den Berufswechsel gesehen haben.
Ich freue mich so sehr darauf in ein paar Jahren Lehrerin zu sein und gleichzeitig habe ich so eine Angst mich in dem System Schule selbst zu verlieren.
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