Das Buch „Der tanzende Direktor“ ist ein Aufruf an deutsche Bildungsvertreter*innen und zeigt Wege auf, wie eine gute Schule aussehen kann. Dabei nimmt sich Verena Friederike Hasel dem neuseeländischen Schulsystem an und beschreibt anschaulich die Methoden und das Selbstverständnis der neuseeländischen Pädagog*innen.
Bei dem neuseeländischen Schulsystem handelt es sich um ein System, welches zwar zentral gesteuert, aber auf Schulebene verwaltet wird. Jede Schule hat also die Freiheit die staatlichen Gelder selbst zu verwalten und zu investieren. Wenn Lehrkräfte neue Unterrichtsmethoden entwickeln, werden diese schnellstmöglich wissenschaftlich untersucht und bei nachweislicher Wirksamkeit im ganzen Land gelehrt.
Mit seinem Schulsystem schafft Neuseeland es, auf die Herausforderungen der Zukunft gewappnet zu sein. In den Schulen werden in erster Linie Kompetenzen und kein reines Wissen vermittelt. Dabei wird auf fachübergreifende Lehre und Team-Teaching gesetzt, was in dem Roman mit der Rolle zweier Eltern verglichen wird, die sich auch gegenseitig in der Erziehung der Kinder ergänzen und unterstützen. Dadurch werden alle Lehrkräfte entlastet und bereichern sich gegenseitig. Dabei spielt dann auch die Klassengröße eine untergeordnete Rolle, wie Verena Friederike Hasel an einigen Stellen betont.
Insgesamt fällt auf, dass die Rolle der Lehrkraft davon geprägt zu sein scheint, dass sie klare Grenzen setzt, deren Einhaltung sie einfordert. Gleichzeitig lässt die Lehrkraft ihren Schüler*innen, in dem erlaubten Rahmen, die Freiheit die sie brauchen, um ihre Kreativität zu entfalten und sich frei und selbstbestimmt zu entwickeln. Des Weiteren definiert sich die Lehrer*innenrolle dadurch, dass sie gerne bereit ist dazuzulernen und Anregungen zu erhalten, um es besser zu machen. Lehrkräfte in Neuseeland sind dazu verpflichtet ihre Lehrerlaubnis alle drei Jahre zu erneuern, was ihnen nur möglich ist, wenn sie sich stets weiterentwickeln und an Fortbildungen teilnehmen.
Gerade diese Lehrer*innenrolle hat mich in dem Buch besonders beschäftigt, da sie so klar zu sein scheint und es dennoch oft so schwierig ist dieses Mittelmaß an Kontrolle und Freiraum zu finden. Auch die Haltung, Neues und Verbesserungen offen anzunehmen, finde ich bewundernswert und leider hierzulande zu selten vertreten. Ich frage mich, woran das liegt, dass Lehrkräfte hier so oft Einzelkämpfer*innen sind. Ich frage mich, warum es uns als Gesellschaft und der Politik so schwerfällt, sich andere (Länder) zum Vorbild zu nehmen und Entscheidungen nach wissenschaftlicher Wirksamkeit zu treffen statt nach Modeerscheidungen.
Auch wenn der Roman viele Bereiche abdeckt und einige konkrete Beispiele zu bestimmten Themen mitbringt, geht er mir doch an einigen Stellen nicht weit genug. Mich würde zum Beispiel interessieren wie viel Einfluss die Kultur auf das Schulsystem hat und welchen Stellenwert Bildung in der neuseeländischen Gesellschaft hat. Dies wird, wie ich finde nur kurz angerissen und hat aber meiner Meinung nach einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Entwicklung eines solchen Systems. Insbesondere weil Neuseeland eine vollkommen andere Einwanderungspolitik hat als Deutschland. Außerdem würde mich interessieren, wie die Lehrer*innenausbildung in Neuseeland aufgebaut ist und was konkret Einfluss auf die Haltung und Didaktik der Lehrkräfte während ihrer Ausbildung hat. Zuletzt ist mir auch die Inklusion viel zu kurz gekommen. Verena Friederike Hasel erwähnt zwar in einem Satz, dass die Schule vollkommen inklusiv ist und es keine Förderschulen gibt, was das dann aber konkret bedeutet wird leider nicht weiter ausgeführt, obwohl das doch ein, wie ich finde, nicht unwichtiger Punkt ist.
Alles in Allem halte ich den Roman für sehr gut geschrieben. Er gibt einen guten ersten Einblick in das Bildungssystem Neuseelands und macht konkrete Vorschläge, wie deutsche Schulen mit Blick auf Neuseeland besser gestaltet werden können. Gerade für Personen, die nicht so tief im Thema Bildung und Schule drin sind, ist das Buch ein guter Anstoß zum Weiterdenken.