Ein Gedankenspiel
In einer Welt, wo es keine Barrieren mehr für Menschen mit Behinderung gibt.
Ich stelle mir vor, dass in so einer Welt schon die Frühkindliche Bildung inklusiv ist, einfach weil es normal ist. Erzieher*innen lernen von Anfang an auch den Umgang mit Kindern mit Förderbedarf in Ihrer Ausbildung. Dabei setzen sie unterschiedliche Schwerpunkte, weil es zu viel und zu komplex ist, sich mit allen Förderbereichen gut und kompetent auszukennen. Natürlich verdienen Erzieher*innen auch mehr und haben ein hohes Ansehen in der Gesellschaft, aber das nur am Rande.
Auch Schulen sind selbstverständlich inklusive Schulen für alle Kinder und Jugendlichen, ganz nach den Vorstellungen der UN-Behindertenrechtskonventionen (UN-BRK) zu denen Deutschland sich 2009 bekannt hat. Diese Schulen sind ganzheitlich von der ersten bis zur 12./13. Klasse aufgebaut, die äußere Differenzierung, z.B. durch das Mehrgliedrige Schulsystem, fällt weg. Die Ausbildung von Lehrkräften ist einheitlich und sieht vor, dass ALLE Lehrkräfte in ihrem Dualen-Lehramtsstudium auch einen/zwei förderpädagogische(n) Schwerpunkt(e) haben. angehende Lehrkräfte sind nun von Beginn ihres Studiums an in Schulen und setzen dort direkt praktisch um, was sie in der Theorie an der Univeristät oder Hochschule gelernt haben.
Dadurch, dass alle Lehrkräfte nun mit bestimmten Förderbedarfen umzugehen wissen, gibt es auch jede Profession an jeder Schule vertreten. Dadurch können die besonderen Bedarfe aller Schüler*innen abgedeckt bzw. berücksichtigt werden. Klassen sind nicht mehr nach Alter getrennt. Schüler*innen lernen gemeinsam und in ihrem Tempo. Input gibt es in knappen Häppchen. Die Bildung ist vor allem auf Kompetenzerwerb und dem Lernen von Organisation & Eigenverantwortung, sowie der Persönlichkeitsentwicklung der Schüler*innen ausgerichtet. Die Schule, ja unsere ganze Gesellschaft ist insgesamt weniger auf Leistung und mehr auf Kompetenzerwerb und ein gelingendes Miteinander ausgerichtet (und vielleicht bedeutet das in letzter Konsequenz auch dem Kapitalismus die Stirn zu bieten). Binnendifferenzierung und Team-Teaching sind keine „neumodischen Erscheinungen“, sondern Normalität in den Schulen. Insgesamt werden Schulen in dieser Utopie anders gedacht. Es sind offene Lernzentren, wo Therapie, Rehabilitation und Ärzt*innen, sowie Freizeitangebote und Erwachsenenbildung angebunden sind, sodass alles direkt und leicht zugänglich ist. Nachmittags und am Wochenende können die Räume frei gebucht und genutzt werden. Ganz selbstverständlich können dort Tagungen gehalten und Geburtstage veranstaltet werden.
Da Bildung in diesem Gedankenexperiment oberste Priorität für Bund und Länder hat, stehen der Bildung deutlich mehr finanzielle Ressourcen zur Verfügung, die bürokratischen Hürden wurden abgebaut und Lehrkräfte entlastet.
Dadurch, dass Menschen mit Behinderung vom Kindergarten an zur Gesellschaft für alle dazugehören, dauert es nur ein bis zwei Generationen, bis wir als Gesellschaft Behinderung nicht mehr als etwas Komisches, Unbekanntes, Fremdes ansehen, sondern wir die Menschen sehen und sie als Teil von uns ansehen. Damit ist es auch überhaupt nicht mehr ungewöhnlich, dass diese Menschen auch einen Beruf ausüben wollen, der ihnen Freude bereitet und der sie fordert. Grundsätzlich müssen Arbeitgeber*innen nicht mehr sensibilisiert werden, um Menschen mit einer Behinderung einzustellen, denn sie waren selbst ihre gesamte Kindheit und darüber hinaus von Menschen mit Behinderung umgeben.
Ich denke, diese Gesellschaft wäre eine klügere und offenere.