Die ersten Wochen meines Praxissemesters sind vorbei und in diesem Beitrag möchte ich erzählen, was mich besonders in den ersten Tagen meines Praxissemesters beschäftigt hat und auch jetzt noch nachdenklich stimmt.
Meine eigenen Grenzen zu kennen, zu verbalisieren und durchzusetzen.
Ich wusste schon vorher, dass Schulen oft ein Ort sind, an dem Lehrkräften unheimlich viel abverlangt wird. Krankheit wird gerne mal als „blau-machen“ abgetan, schlecht vorbereiteter Unterricht als Faulheit interpretiert oder das Äußern von Überforderung als „nicht-belastbar-sein“ abgewertet. Oft scheint die Erwartungshaltung zu bestehen, dass Lehrkräfte nur für ihren Beruf leben und all ihre Zeit und Energie hineinstecken sollten.
Auch wenn die Erwartungshaltung oft nur indirekt oder auch gar nicht geäußert wird, schwingt sie doch immer wieder in meinem Bewusstsein mit. Das bedeutet nicht, dass ich ununterbrochen solchen Anforderungen ausgesetzt bin, aber dennoch stellen sich mir immer wieder Fragen, wie:
Bin ich egoistisch, wenn ich meine Grenzen anspreche?
Bin ich unengagiert, wenn ich meine Grenzen anspreche?
Bin ich nicht Teamfähig, wenn ich meine Grenzen anspreche?
Werde ich eine schlechtere Lehrerin sein, wenn ich meine Grenzen durchsetze?
Obwohl ich diese Fragen alle entschieden mit einem klaren NEIN! beantworten möchte, kann ich nicht sagen, ob Außenstehende, Kolleg*innen, die Schulleitung oder andere Akteur*innen in der Schule das genauso sehen würden. Sätze wie „Irgendjemand muss es schließlich machen“, „Gerade in Zeiten des Personalmangels müssen wir vielleicht alle etwas mehr geben“, „Am Ende leiden ja schließlich die Kinder am meisten“, sind alles Sätze, denen viele im Schulalltag begegnen.
Doch was bringt es – irgendwem – wenn ich mich überarbeite, überfordere und dann letztendlich wegen Erschöpfung ausfalle? Was nützt es, wenn ich langfristig die Freude mehr an diesem Beruf verliere, weil ich ständig meine eigenen Grenzen überschreite?
Ich schreibe das hier nicht, weil ich mich jetzt gerade überarbeitet fühle oder weil ich jetzt gerade meine Grenzen überschreite. Vielmehr denke ich an die Zukunft, wenn ich im Beruf bin, Verantwortung trage und in einer Situation sein könnte, wo Menschen von mir viel erwarten und fordern. Darauf möchte ich vorbereitet sein.
Ich weiß, dass ich niemandem Rechenschaft schuldig bin, wenn ich meine Grenzen verteidige – sage ich mir. Doch gleichzeitig frage ich mich, was meine Sitznachbarin in der Bahn gerade wohl über mich und diesen Text denkt. Wie auch immer, ich schweife ab.
Niemand wird im Schulsystem Grenzen für mich setzen. Ich könnte mich, wenn ich es drauf anlegen würde, vollkommen überarbeiten – bis zum Burnout. Und das möchte ich nicht. Ich möchte ein gesundes Verhältnis zu meiner Arbeit haben. Dieses Praxissemester bietet mir die Chance, das zu üben. Ich möchte lernen, für meine Grenzen einzustehen. Ich möchte üben, „Nein“ zu sagen.
P.S. Meine ersten Wochen waren übrigens insgesamt wirklich schön. Ich bin so dankbar, dass ich so viel lernen darf und ich merke jeden Tag, wie ich ein kleines bisschen wachse. Aber darüber schreibe in mal einem anderen Beitrag mehr.